Jugendhilfeausschuss: Besuch bei "Kompass - Soziale Dienste" und längere Übergangsfrist für Großtagespflegestellen
Vom Kreistag beschlossene Satzungsänderung für mehr finanzielle Unterstützung soll angesichts des neuen Gesetzesentwurfs vorerst ausgesetzt werden
Für den Jugendhilfeausschuss des Landkreises Goslar stand in dieser Woche ein Ortswechsel an: Das Gremium tagte unter dem Vorsitz von Patrick Kriener am Montagnachmittag im Businesspark Langelsheim. Anlass für diese Sitzung außer Haus war ein Besuch des freien Trägers der Jugend- und Familienhilfe „Kompass – Soziale Dienste“, der dort ebenfalls angesiedelt ist: Vor der Sitzung kamen die Ausschussmitglieder in Langelsheim zusammen, um die dortigen Räumlichkeiten zu besichtigen.
Das Unternehmen „Kompass“ bietet für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und ihre Familien Hilfe und Unterstützung bei Problemen und Krisensituationen an, dabei arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eng mit dem Jugendamt des Landkreises Goslar zusammen. Erster Kreisrat Frank Dreßler lobte den freien Träger als „eine Wunderwaffe der Jugendhilfe, die auch immer dahingeht, wo es weh tut.“
Die Führung durch die Räumlichkeiten des Familienunternehmens übernahm Inhaberin Anke Schwedhelm-Keck, dabei ging sie auch auf die Historie und die Besonderheiten des Standortes im Langelsheimer Businesspark ein und wie dieser auf- und ausgebaut wurde. Mit gleich mehreren Begegnungsräumen könne besonders gut auf die individuellen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Altersstufen eingegangen werden, erläuterte Schwedhelm-Keck. Gerade bei kritischen Gesprächen sei es zudem von Vorteil, die Eltern und Kinder sozusagen als „Hausherrin“ in eigenen Räumlichkeiten empfangen zu können, anstatt diese Dialoge am heimischen Küchentisch der Familie zu führen.
Das Thema freie Träger der Jugendhilfe beschäftigte die Ausschussmitglieder auch in der eigentlichen Sitzung weiter: Auf der Tagesordnung stand die Vorstellung des Vereins „Bürger helfen Bürger Clausthal-Zellerfeld mit allen dazugehörigen Ortschaften“, der sich bereits in der Vergangenheit um eine Anerkennung als freier Träger bemüht hatte, damals jedoch erfolglos. Nun soll ein neuer Vorstoß gewagt und die Bewerbung neu bewertet werden: Zweiter Vorsitzender Markus Reith und Mitglied Gerd Cronjäger präsentierten die Bereiche der Jugendarbeit, in denen der Verein wirkt - von Schwimmkursen und Walpädagogikangeboten bis hin zu Tanzkursen und Festen -, und beantworteten im Anschluss Fragen der Ausschussmitglieder.
Die Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe wäre für den Verein nicht nur ein Merkmal der Professionalisierung, sondern würde auch Zugang zu weiteren Fördertöpfen und logistischer Unterstützung ermöglichen. Im nächsten Jugendhilfeausschuss soll das Gremium daher erneut über einen Antrag zur Anerkennung des Vereines beraten.
Im weiteren Verlauf der Sitzung informierte Erster Kreisrat Frank Dreßler das Gremium zudem darüber, dass die vom Kreistag in der Sitzung vom 4. März 2024 beschlossene höhere Förderleistung für Großtagespflegen im Kreisgebiet vorerst ausgesetzt werden soll. Mit dieser sollten ab dem 1. August 2024 Großtagespflegen im Kreisgebiet finanziell entlastet werden, Hintergrund ist eine Regelung des Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege (NKITaG): Demnach dürften ab diesem Zeitpunkt nur noch acht Kinder in einer Großtagespflege betreut werden, sofern mehr als drei Kinder unter zwei Jahren darunter sind, statt wie bisher zehn - hierdurch werden erhebliche Einnahmeverluste erwartet. Der Landkreis Goslar hatte für diesen Ausgleich ab dem Jahr 2025 mit jährlichen Kosten in Höhe von rund 135.000 Euro gerechnet.
Ein Gesetzesentwurf auf Initiative der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Landesebene sieht nun aber vor, den geänderten Personalschlüssel erst im August 2028 in Kraft treten zu lassen, sodass Großtagespflegestellen vorübergehend weiter zehn Kinder gleichzeitig betreuen können. Sofern der Landtag diese Änderung beschließ, wird der Landkreis Goslar seine Satzungsänderung somit ebenfalls aussetzen können.
„Es hat im Hintergrund Bemühungen gegeben, den Landesgesetzgeber davon zu überzeugen, dass die Änderungen unglücklich sind – diese bedeuten eine Verlagerung der Finanzverantwortung, während gleichzeitig das Potenzial für die Kinderbetreuung ausgedünnt wird, was schwer nachvollziehbar ist“, erklärte Dreßler. „Da dieses Vorhaben nun um vier Jahre geschoben wurde, können wir unsere Änderung aber vorerst aussetzen - eine Entwicklung, mit der auch wir nicht mehr gerechnet haben.“
Die Kreisverwaltung plant nun, die Entwicklung bei den Großtagespflegen aktiv zu begleiten, um so für den Erhalt des Betreuungsangebotes gegebenenfalls dennoch individuelle Regelungen auf Kreisebene auf den Weg bringen zu können.