Gleichstellungsbeauftragte fordert konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention und mehr politische Teilhabe
Kathrin Falkner, Vera Tietz und Claudia Juschkat vertreten den Landkreis Goslar sowie die Städte Goslar und Bad Harzburg bei der Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten
Mit beinahe 500 Teilnehmenden ist kürzlich in Leipzig die bislang größte Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Deutschlands zu Ende gegangen. Mit Kathrin Falkner, Vera Tietz und Claudia Juschkat nahmen auch die Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Goslar, der Stadt Goslar und der Stadt Bad Harzburg an dem bundesweiten Austausch teil.
Im Fokus der Veranstaltung standen sogenannte „Gretchenfragen“ der Gleichstellung, die die Teilnehmenden diskutierten: Mit unbequemen Gewissensfragen wollen sie an die Politik appellieren, um so eine Positionierung zu wichtigen Kernthemen zu erreichen. Dazu gehörten unter anderem die Bereiche Häusliche Gewalt, politische Teilhabe, Gesundheit und die Unterstützung von Alleinerziehenden.
Das Thema Häusliche Gewalt sowie eine konsequente Umsetzung der Istanbul-Kovention, die die Bundeskonferenz fordert, liegen auch Kathrin Falkner am Herzen: „Als Gleichstellungsbeauftragte werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass Schutz- und Beratungsangebote im Landkreis Goslar in ausreichendem Maße und in leicht zugänglicher Form bereitgestellt sind“, erklärt sie.
Hierfür sollen Strukturen im Sinne der Vorgaben der Istanbul-Konvention in Zusammenarbeit mit dem BISS-Netzwerk stetig weiterentwickelt werden. Zudem gehe es darum, mögliche Schutzlücken aufzeigen und nachhaltig zu schließen. „Unser Ziel ist es, Gewalt gegen Frauen öffentlich zu machen, ihr zu begegnen und den betroffenen Frauen und ihren Kindern den Schutz zukommen zu lassen, den sie benötigen, um in Sicherheit und Freiheit leben zu können. Das Recht auf ein gewaltfreies Leben ist universell und unteilbar“, fasst Kathrin Falkner den Standpunkt zusammen.
Um dieses Vorhaben mit Leben zu füllen, arbeiten die Gleichstellungsbeauftragten eng mit dem BISS-Netzwerk zusammen: Gemeinsam ist für den 28. November 2023 im Kreishaus ein Fachtag geplant, bei dem Häusliche Gewalt und die Istanbul-Konvention Schwerpunktthemen sein werden.
In diesem Zusammenhang spricht sich Kathrin Falkner auch für eine differenzierte Berichterstattung aus, sobald das Thema häusliche Gewalt in die Medien gelangt: „Medien leisten einen wichtigen Beitrag bei der öffentlichen Bewusstseinsbildung zu dem Thema: Es ist wichtig, dass häusliche Gewalt nicht beispielsweise mit dem Wort ‚Familientragödie‘ verharmlost wird, es ist nicht nur ein Drama oder eine schicksalshafte Tragödie. Häusliche Gewalt ist eine Menschenrechtsverletzung, der – meist patriarchale - Besitzansprüche des Täters an die betroffene Person zugrunde liegen“, kritisiert Falkner.
Ebenfalls formuliert wurde auf der Bundeskonferenz angesichts aktueller Zahlen der Wunsch nach einer stärkeren, politischen Teilhabe von Frauen: Nur etwa ein Drittel der Bundestagsabgeordneten ist weiblich, noch niedriger ist der Anteil der Frauen im Bürgermeisteramt, dieser beträgt lediglich 11,7 Prozent. Diesen Punkt unterstreicht auch Gleichstellungsbeauftragte Falkner, da sich das bundespolitische Geschlechterverhältnis auf die kommunale Ebene übertragen lässt. „Gleichstellungspolitisches Dauerziel ist es, den Frauenanteil in der Politik zu erhöhen. Es ist wichtig, Frauen eine Gelegenheit zu geben, die Kommunalpolitik kennenzulernen und gegebenenfalls einen Einstieg zu finden“, so Falkner.
Wichtig sei es dabei auch, geflüchtete Frauen und andere schutzbedürftige Personen durch ein breites und bedarfsorientiertes Angebot bei der Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens zu unterstützen. „Die Erfahrungen zeigen: Partizipation ist ein wesentlicher Bestandteil im Integrationsprozess. Denn Partizipation bedeutet Teilhabe und Inklusion in die verschiedenen gesellschaftlichen Lebensbereiche. Partizipation stärkt die Selbstwirksamkeit von Frauen und Männern und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, führt Falkner aus.
Um dies zu erreichen, gibt es ihrer Ansicht nach noch einige Punkte, die einer Klärung bedürfen: „Welche Form der Partizipation ist überhaupt möglich, wenn nicht alle die gleichen Rechte beziehungsweise Zugänge zu Rechten und Möglichkeiten der Teilhabe haben? Wie kann Partizipation dennoch gestärkt und eine - veränderte - Beteiligungskultur entwickelt werden? Wie können Räume geschaffen werden, in denen geflüchtete Frauen ihre Interessen selbstverantwortlich vertreten können und ihre Perspektiven sicht- und hörbarer werden? Und was braucht es dazu an Veränderungen von rechtlichen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen? Das sind die Fragen, mit denen wir uns zukünftig beschäftigen werden“, resümiert die Gleichstellungsbeauftragte.